Das Netz ist eng - Technik ohne Kultur

Die Welt ist eng geworden für all die, die nicht mainstreamen; oder auch besonders weit. Man kann sich wirklich nicht des Eindrucks erwehren, wie eingekreist in einer leere Technologiewelt das Denken sich verklemmt. Eine Umfrage wie sie nun einmal massenweise zu Beginn eines Jahres auflaufen. Wie es in der Welt jetzt nur so twittert.

Nur ein paar Stimmen:

  • Peter Hogenkamp: Everything mobile -- Everything online -- Everything social
  • Nico Lumma: Twitter -- Mobile Gaming im Social Graph -- Inspirationsgesellschaft
  • Johnny Haeusler: Das Netz wird mobil. Und Mobil wird offen -- Ich hab den Kleinsten! -- Blogs werden besser, Lifestreams werden lebendiger

Und so manches andere ergänzt sich. Einerseits muss es in englischer Formulierung sein und zweitens sozial. Don Alphonso hat früher immer wieder darauf hingewiesen, dass es mit dem Sozialen in dem Bereich der Selbstausschüttung von Text nicht so sehr weit her ist.

Ich fürchte sehr, dass es insgesamt mit dem Netz immer weniger weit her sein wird. Sondern dass es im Gegenteil neben seinen immer mehr verschwindendem Anteil an aufklärerischem Bestand, der sich zudem immer weiter aus den wohlsituierten Ländern verabschieden wird, eine Übersättigung mit Meinung oder einfach Äußerung geben wird. Kommt dazu noch eine mächtige Instanz, die diesen Verkehr auszuwerten versteht, dann ist ein Stadium erreicht, für deren Überwindung vor 20 Jahren viele erfolgreich vorgegangen sind.

Die Preisgabe der unverschlüsselten Identitäten kann bestenfalls irgendwann nicht mehr zu bändigen sein. Vielleicht wird sich das System auf diese Weise selbst in den Wahn führen. Heute fiel ja schon mal das Netzwerk der Bahn landesweit aus.

Das Erstaunliche ist dabei durchaus, dass es im allgemeinen eine neue Wirtschaft wesentlich unstofflicher Natur ist, die sich da ausbreitet. Was früher wesentlich Gegenstand von Kunst und politischer Betrachtung war, ist gegenwärtig vor allem bei den neuen Eliten der jetzt 30- bis 50jährigen zur Grundlage der Existenz, deren Stabilität von ihrer eigenen Labilität zehrt, geworden.

Und daneben erstaunt es dann doch, wie desinterssiert sich die Öffentlichkeit im Großen und Ganzen daneben verhält. Datenschutz? Oder diese oder jene "Reform"? Vieles ist auf dem Weg in den Abnickstaat.

Gerade noch lese ich in der Berliner Zeitung ein Gespräch mit Norbert Bolz, das ganz merkwürdige Töne anschlägt:

Jeder Trottel kann ein Star werden. Und weil es aus Zuschauersicht eine genussvolle doppelte Perspektive gibt: Er kann sich hineinträumen ins Geschehen, als wollte er der Star werden, und er nimmt am Selektionsprozess teil, indem er mitwählt. Das ist das Größte: Der Superstar wird von uns gemacht. Er ist eine Schöpfung aus dem Nichts. [Quelle: Berliner Zeitung]

Dass möglichweise also dem Begriff und der Praxis der Selektion eine neue Bedeutung zuwächst, kann ich nur angewidert mitvollziehen. Aber die Sachen haben sich dahin entwickelt, wenn ich das jungsche Volk mir zur Betrachtung nehme. Was mich darin gleichermaßen unruhig macht, ist einerseits eine entwickelte Ernsthaftigkeit, die man den Ereignissen zumisst (man lebt mit dem Geschehen der Bühne mit) bei andererseits gleichzeitiger Distanzlosigkeit (wenn man die dargestellten und darstellendenden Akteure -- wer vermag das noch zu unterscheiden?) zum laufenden Bild. Fernsehen wird auf diese Weise fatal real. 

Lifestreaming ist die Rückseite des Verfahrens. 

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