Leistungsschutzrecht - unbemerkt geschickt eingefädelt

Senf zum Recht. Foto: Hufner
Senf zum Recht. Foto: Hufner

Heute hat das Leistungsschutzrecht für Presseverlage den Bundestag passiert und wurde mit Mehrheit angenommen. Was darüber insgesamt zu sagen ist, findet man noch ganz bequem über eine Google-Suche in Blogs oder Bing-News.

Beim Spazierengehen mit Frau und Hund ist mir aufgefallen, wie perfide am Ende die Veränderung des Gesetzesentwurfs war. Getarnt wurde sie als Lösung für alle Probleme, nämlich die lizenzfreie Nutzung von kleinsten Textteilen.

Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. [Quelle]

Damit ist die Sache nicht etwa unklar, sondern sehr klar geregelt! Ein einzelnes Wort ist ein einzelnes Wort, einzelnen Wörter sind die Mehrzahl davon, das können unendlich viele sein, es sind damit aber keine Textausschnitte gemeint. Und kleinste Textausschnitte, sind die superlativ kleinsten. Also die gerade noch nötigen, um zu sagen, dass das Suchergebnis kein Zufallstreffer ist.

Nehmen wir ein Beispiel:

"Die Schwarz-Gelbe Koalition soll sich auf einen neuen Kompromiss beim Leistungsschutzrecht für Presseverleger geeinigt haben."

Sucht man in einer Suchmaschine nach Leistungsschutzrecht, ist die Antwort in Zukunft ein Snippet:

"... Leistungsschutzrecht …" Oder
"... Leistungsschutzrecht … Presseverleger …"

was dann womöglich das kleinstmögliche Snippet wäre, um es von anderen Leistungsschutzrechten anzugrenzen. Aber das mag schon zu viel sein. Zu differenziert. Eigentlich schwebt denen sicher so ein komödiantischer Text vor, wie

"Wir haben da was gefunden, was zur Suchanfrage passt …"

Es ist also gar nicht so sehr eine Frage der Rechtsauslegung, was ein "kleinster Textausschnitt" ist, weil, es ist der eben "kleinste" und kein größerer (und kleiner geht auch nicht mehr), dies war die rhetorische Falle oder Leim, auf dem man argumentativ ausgerutscht ist. Das Ziel dahinter ist ja ein anderes:

Die Presseverleger schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Suchergebnisse werden in Zukunft so sehr gekürzt sein, dass man nicht wissen kann, was hinter einem Suchergebnis steckt. Die Folge: Man muss natürlich mehr Links folgen als bisher. Das heißt der Traffic der Seiten wird steigen, wenn man tatsächlich den brauchbaren Text sucht.1 Die Suchmaschinen brauchen nicht einmal Lizenzen dafür entrichten. Falls diese Strategie nicht aufgeht, kann man immer noch vor Gericht ziehen und Lizenzgebühren durchdrücken.

Der Witz ist einfach der, dass das "Entgegenkommen" im Gesetz nicht nur Auslegeware schafft und sondern effektiv das bewirkt, um was es den Verlagen wirklich geht, die Steigerung von Traffic zur Not mit rechtlicher Gewalt.

Google kann sich aber überlegen, ob es sich

a) an dieses Gesetz anpasst,
b) Lizenzgebühren zahlt oder dem einen Gebühren zahlt, dem anderen nicht oder
c) die Suche soweit einschränkt, dass es nicht Gefahr läuft, lizenzpflichtig zu werden.

Letzteres wäre mir eigentlich im liebsten, denn die nmz legt, glaube ich, nicht so viel Wert auf Lizenzgebühren für Suchergebnisse sondern darauf, als relevante Quelle in Suchergebnissen aufzutauchen.

  • 1. So war das früher ja auch bei den Suchmaschinen, oft musste man doch mehr als die ersten beiden Ergebnisseiten anschauen. Gewünschtes fand sich häufig viel später erst.

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Kommentare

Wird das #LSR wirklich zu Traffic-Steigerung führen?

Ob das #LSR in seiner heute beschlossenen Form tasächlich zu einer Traffic-Steigerung bei den Online-Derivaten der Presseverleger führen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht wendet sich der gemeine Google-Nutzer ja eher verstärkt solchen Quellen zu, bei denen eine Snippet-Verstümmelung nicht vonnöten ist. Damit würde eher eine rapide Traffic-Minderung eintreten und den Damen und Herren Presseverlegern ihre mühevolle Lobbyarbeit um die Ohren fliegen.

Ganz im Sinne der Schachregel:
"Springer am Rand
verkündet sein' eig'ne Schand!"

Denkbar. Aber es ist eben

Denkbar. Aber es ist eben doch so, dass gewissen Produkten ein gewisses Ansehen eigen ist. Man informiert sich eben bei "BILD" (Politiker) oder WELT (Manager) oder FAZ (Kulturgläubige). Das hat schon was. Zur FAZ: Es ist zwar manchmal ziemlich dumm, was man da lesen kann, aber es ist selten wirklich Schund.