Zweckveranlasser und juristische Leseunlust

Mancher Jurist sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Foto: Hufner
Mancher Jurist sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Foto: Hufner

Als ich neulich in einer Gruppe bei Facebook jemanden auf sein merkwürdiges Rechtsverständnis hinwies, antwortete er mir, sein „Rechtsverständnis wurde ja in zwei Staatsexamina geprüft.“ Unabhängig davon, dass es mir natürlich nicht bekannt ist, dass man Rechtsverständnis prüfen lassen kann und unabhängig davon, dass mit der Aussage auch noch nicht gesagt war, insbesondere beim zweiten Staatexamen, mit welchem Ergebnis (bestanden oder nicht) und dass mir genügend Richter in Geschichte und Gegenwart einfallen, bei denen ich sagen würde, es habe leider nicht ihr Rechtsverständnis gefördert, lag dem seine Deutung zugrunde, die sich dann folgendermaßen manfifestierte.

„(Ich hab da noch einen: Als Zweckveranlasser dieser Diskussion bist Du natürlich im rechtlichen Sinne auch ein Störer, Martin Hufner)“ Markus H. in PRO Urheberrecht

In der Tat war mir Nichtjuristen insofern voraus, dass ich diese Rechtsfigur nicht kannte: Zweckveranlasser! Ich hatte einen Text geschrieben auf den sich jemand anderes bezog, dies in ebendieser Gruppe verlinkte und sich daraufhin eine unschöne „Diskussion“ entspann. Da ich aber seit meiner Lektüre von Werken des Rechtswissenschaftlers Uwe Wesel durchaus der Ansicht bin, dass man das Recht nicht nur Juristen überlassen sollte, fing ich Feuer. Aber ich will das mal kürzen. Die Figur ist umstritten und wahrscheinlich irgendwie im Strafrecht angesiedelt - jedenfalls ist von Ordnungs- und Polizeirecht allenthalben die Rede. Befürworter und Gegner der Figur sind sich aber darin einig, heißt es:

„…dass eine Inanspruchnahme als Zweckveranlasser in der Regel jedenfalls dann ausscheiden muss, wenn bei wertender Betrachtungsweise in rechtmäßiger Weise von grundrechtlich geschützten Verhaltensweisen Gebrauch gemacht wurde.“1

Nun müsste Herr H. schon nachweisen, dass ich in meinem Text keinen Gebrauch von grundrechtlich geschützten Verhaltensweisen gemacht hätte. Also das, was durch „freie Meinungsäußerung“ nicht gedeckt ist oder anderes, was mir nicht, aber ihm einfallen sollte.

Gleichwohl sagt der Mansour, wäre dann noch eine Inanspruchnahme als Nichtstörer denkbar. Das kürze ich dann mal ab durch die Definition in der Wikipedia:

„Den Nichtstörer zeichnet aus, dass er keine Gefahr, im Gegensatz zum Verhaltensstörer (unmittelbar) oder Zustandsstörer (mittelbar), für die öffentliche Sicherheit darstellt oder verursacht.
Der Nichtstörer ist der typische Bürger, der mit einer bestimmten Situation nichts zu tun hat, aber von den Gefahrenabwehrbehörden (Polizei, Stadtpolizei oder Ordnungsamt) dazu verpflichtet wird, eigene Güter und/oder eigene Arbeitskraft zur Beendigung der Situation einzusetzen. Ein Beispiel ist der Eigentümer eines Sees, dessen Gewässer für Feuerlöscharbeiten als Wasserquelle genutzt wird.“ [Wikipedia]

Da fragt man sich dann aber, was also sagt eine Einlassung aus wie: „mein Rechtsverständnis wurde ja in zwei Staatsexamina geprüft“? Im Recht ist es natürlich nicht immer einfach, Dinge korrekt zu beurteilen. Sonst gäbe es auch nicht so viele Berufungsverhandlungen, Revisionen etc. Deswegen aber, zurück zum Anfang, sollte man nicht zwingend annehmen, dass eine in Jura mehrfach geprüfte Person eine Sache korrekt(er) auslegen kann, als eine andere oder eine nicht geprüfte.

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