Ein Hackenbruch ist kein Unfall

es sei denn, man heißt Felix Hackenbruch und muss für den Tagesspiegel politisch korrespondieren. Dann vielleicht schon.

Es ist offensichtlich, dass auch der Tagesspiegel in Berlin ein bisschen sein will wie sein früherer Konkurrent die Berliner Zeitung. Allerdings läuft dem Youngstar Hackenbruch so mancher Fehler. Erst kürzlich ließ Felix Hackenbruch von sich hören bei seiner Rezension des Auftritts eines Chores im Rahmen der ARD-Sommerinterviews. Schlagzeile mit Schlagseite:

Kindische „Scheiß AfD“ Gesänge Der Protest offenbart die Hilflosigkeit der demokratischen Mitte
Kindische „Scheiß AfD“ Gesänge Der Protest offenbart die Hilflosigkeit der demokratischen Mitte

Der Vortrag des Chores, der durch ein Verhörspiel der ARD mit einer Politikerin der AfD laufend gestört wurde, wird als kindischer Gesang interpretiert, der „wie eine Mischung aus Kirchenchor und Kindergarten“ klinge. Fehlt nur noch was mit Kochen, damit die konservative Alliteratur passt. Dabei trifft der Felix Hackenbruch sogar wider Willen etwas, was im – noch ein K – Kern den Rahmen der ästhetischen Erziehung streift. Das ist die – noch ein K – KI hilfsbereit, wenn man sie nach dem Sing des Sangs in Kindergarten und Kirche antworten lässt, und das will ich hier mal gelten lassen, die KI.

„Das Singen im Kindergarten ist also eine einfache und effektive Methode, um die Entwicklung der Kinder ganzheitlich zu fördern.“

KI-Antwort

Und:

„Das gemeinsame Singen im Kindergarten ist ein wichtiger Bestandteil des sozialen Miteinanders und der musikalischen Früherziehung.“

KI-Antwort

Gesang im Kindergarten hat viele Eigenschaften und leistet Dinge, von denen die herumquatschenden Laberer:innen auf der einer Terrasse im Regierungsviertel Deutschlands nur träumen können. Soziales Miteinander! Ganzheitliche Förderung. Und, siehe gleich, Stärkung der Gemeinschaft. Dazu ein Google-Ausspuck in Sachen Kirchenchor:

„Singen im Chor stärkt die Gemeinschaft, ist günstig und schafft ein gemeinsames Erfolgserlebnis bei Auftritten im Gottesdienst oder Konzerten.“

Google-Suchergebnis Platz 1

Gebracht hat es für die Sommerinterviews leider nichts. Kontraproduktiv waren eher Interviewer und Antwortverweigernde – und auch der Journalist des Tagesspiegels. Im Sommerkonzert der ARD laberte man ungelenk Fragen und Antworten in die herrliche Musik (was echt ein Ein- und Angriff auf die Kunstfreiheit darstellt). Später meinte der Moderator in den Tagesthemen oder der -schau, er habe die Reaktionen der Person hin heller Kleidung als „sportlich“ empfunden. Klar, Faschismus ist für die Journalist:innen vielfach ein sportlicher Bestandteil der Politik geworden. Nee, das war unhöflich und ohne Anstand, ein Wunder, dass die Requisite dafür gesorgt hat, dass beide Personen nicht in Flipflops aufgetreten sind und Reels für Ista oder TikTok gedreht haben.

Dem ist zu antworten mit Adorno:

„Kindisch wäre es zu erwarten, ein jeder wollte oder könnte ein professioneller Journalist werden; gegen eben diesen Begriff hege ich gründliches Mißtrauen. Wir wollen unseren Schülern nicht die déformation professionelle derer zumuten, die automatisch ihr eigenes Gebiet für das Zentrum der Welt halten.“

Band 10: Kulturkritik und Gesellschaft I/II: Philosophie und Lehrer. Theodor W. Adorno: Gesammelte Schriften, S. 8179 (vgl. GS 10.2, S. 476)

Im Original steht natürlich statt Journalist etwas anderes. Was da steht, weiß ganz sicher ein Plagiatsjäger. Aber das ist hier auch keine Dissertation, sondern eine Glosse. Aber so schleudere ich dem verunfallenden Felix H. einen hübschen Kirchenchor entgehen, als Antidot gegen seine déformation professionelle.

Für Leser:innen des Tagesspiegel dagegen hat der Tagesspiegel ein anderes Antidot. Er schlägt den Abschluss einer Versicherung vor. Und zwar massiv! Das läuft dann zwar auf eine déformation industrielle hinaus, aber aber die ist nicht straf-, sondern geldbewehrt.

Felix Hackenbruch
Felix Hackenbruch

Felix! Bitte beraten lassen. Gerne auch vom Amt für Vermassungsschutz der Kritischen Masse.