Enzyklopädie der Kritischen Masse
Kritische Masse Startseite
   
   
 
     

Quelle:
Taktlos No. 51 (März)

Sendetermin: 1.3.2002 / 20:05 Bayern2Radio
Website taktlos
RealAudio

Zurück

 

 

 

Orchesterakademien – Miese Ausbildung

© 2002 by Martin Hufner (EMail)

 

 

Es ist spätestens seit ein paar Monaten ein Faktum: Die Orchesterausbildung an den deutschen Musikhochschulen bringt nur noch unfähige und überforderte Orchestermusiker hervor. Diese Hochschulabgänger erwartet bestenfalls ein trauriges Leben in den hintersten Reihen irgendwelcher, ohnehin auf der Abschussliste stehender, Provinztheater – oder im Tonbandgraben schnell aufgetischter Musicalproduktionen.

Damit es wenigstens nicht allen Studienabgängern der Orchestermusik so geht, gibt es neuerdings sogenannte Orchesterakademien. Doch Orchesterakademie ist nicht Orchesterakademie. Die meisten nennen sich zwar so, doch sie widmen sich in der Regel den ganz jungen Musikern. In Nordrhein-Westfalen gibt es eine solche, in Bayreuth eine sogenannte Internationale junge" unter der Schirmherrschaft unseres Bayerischen Ministerpräsidenten mit schöner Hotelanlage.

Die Orchesterakademie des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks widmet sich ausdrücklich den Studienabgängern´. Ihr Ziel ist es, „besonders begabte Instrumentalisten auszubilden, die den künstlerischen Ansprüchen des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks als auch denen anderer international bedeutender Orchester gerecht werden können." Dazu werden diese Musiker insgesamt zwei Jahre lang mit allen Mitteln moderner Orchesterdidaktik nachgeschult.

Die Orchesterakademie macht die Orchestermusiker nach ihrer meistens defizitären Vor-Ausbildung fit für die Realität. Was aber tatsächlich die Orchesterrealität ist, das bleibt für die normal Sterblichen ein großes Geheimnis. Zahlen und Fakten über das wahre Leben unserer Orchestermusiker in Deutschland sind spärlich. Weder auf den offiziellen Internetseiten des Deutschen Orchestervereinigung noch auf denen des Deutschen Bühnenvereins bekommt man dazu eine befriedigende Auskunft. Beim Arbeitsamt unter der Rubrik „Berufe im Spiegel der Statistik" zählte man für das Jahr 2000 21.118 sozialversicherungspflichtig beschäftigte Personen, inklusive Komponisten, Dirigenten, Chorleiter und Instrumentalmusikern. Die Arbeitslosenquote für die genannte Personengruppe betrug 2000 10,4 Prozent – und liegt damit einigermaßen im Rahmen der allgemeinen Beschäftigungssituation.

Doch gilt hier wie überall: Stimmt einmal die Grundausbildung und bringt man etwas Durchhaltevermögen mit, so wird man ohne Not und mit Vergnügen den Beruf des Orchestermusikers angehen können und seine schönsten Nächte im abgedunkelten Orchestergraben verbringen dürfen.

Martin Hufner