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Quelle:
Taktlos No. 26 (Februar)
Notfall Schulmusik

Sendetermin: 4.2.2000 / 20:05 Bayern2Radio
Website taktlos

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Hören Sie das Beispiel

 

 

Schulmusiker als Lumpenelite

© 2000 by Martin Hufner (EMail)

Die Politik ist immer Schuld. Bis vorgestern war es noch das System. Jetzt haut man die Kultusminister der Bundesländer, weil immer häufiger der Musikunterricht über die finanzielle Klinge springt. Da trifft man die Richtigen, die große Worte schwingen und einen fortschreitenden Werteverlust propagieren. Ja, die Politik ist in vielerlei Hinsicht am Ende. Mein Ehrenwort darauf.

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Eigentlich ist doch das System schuld. Daß der Musikunterricht in der Krise steckt hat leider einen sehr immanenten Grund. Es gibt nicht nur zu wenig Musiklehrer, die unterrichten dürfen, es gibt vor allem zu viele schlechte Musiklehrer. Und das liegt nicht zuletzt an der Ausbildung der Pädagogen. Wie oft hat man sie kennengelernt: Jene an Musikinstrumenten hochdressierte Lehrer, die ihren Schülern vermutlich sogar auf dem Xylophon eine Beethoven-Klaviersonate brillant vorspielen könnten. Lehrer, die perfekt Quintenparallelen zu vermeiden wissen und in Sachen Kontrapunkt selbst Bach hinter sich lassen. Lehrer, die in Sachen klassischer ernster Musik jedes Stück analytisch in sublimste Teilchen zerbröseln können.

Jawohl, diese Kenntnisse und Fähigkeiten bestimmen den Ausbildungsweg unserer Schulmusiker. Gegen Ende des Studiums erwartet sie ein wahres Rutenlaufen durch Hochschulprüfungen. Die Lehrer dieser Lehrer, die Herren und Damen Hochschul-Professoren, pumpen den Studienplan möglichst weit auf, damit am Ende hochausgebildete Fachidioten aber keine Lehrer vor die Schüler treten. Diese sehen sie dann verwundert an – und dann doch lieber wieder auf ihren Gameboy.

Sicher, es gibt Ausnahmen – Lehrer, die nicht vergessen haben, dass das Fachgebiet Didaktik nicht nur ein Nebengebiet des Studiums ist; Lehrer, die nicht prinzipiell die Liebe zu ihren Schülern durch die eingeprügelte Liebe zur Musik ersetzen; eben Lehrer, die Lehrer sein möchten und nicht etwa musikalische Fruchtzwerge. Leider sind viele diese Anwärter in der Hochschulzeit schon verzweifelt, andere haben nach dieser verschulten Hochschule nur noch Lust, wenigstens um die nächste Schule einen weiten Bogen zu machen und werden dann zum Beispiel Pressereferenten. Was da also viel zu häufig vor unseren Schülern landet ist eine verbildete und verschulte Lumpenelite.