15. Mai 2024 Die Masse lebt

Gewinnverbot

Unter dem Leitbegriff „Gewinnen gehört nicht zum täglichen Brot“ (Urteil vom 21.12.2004, Az.: 33 O 15954/04) hat das Landgericht einem Fernsehsender (ich erinnere) seinen Mitspielausschluss Recht gegeben. Um folgendes ging es:
Gewinne von mehr als 20.000,- € klagte ein eifriger Zuschauer ein, die er innerhalb eines halben Jahres in Fernsehgewinnspielen des Ismaninger Medienunternehmens 9 Live Fernsehen GmbH & Co. KG erzielt hatte. Sein Problem dabei: Der Sender hatte ihm zuvor mitgeteilt, dass er – zunächst für 6 Monate – von der Teilnahme an den Gewinnspielen ausgeschlossen sei und ihn gebeten, nicht mehr anzurufen. Denn er habe in der Vergangenheit so häufig und so regelmäßig mitgespielt und gewonnen, dass man ihn vor einem zu hohen Telefonkostenrisiko schützen müsse. Zugleich wolle man technische Manipulationen durch den etwaigen Einsatz sogenannter "Power-Dialer" verhindern und die Chancengleichheit aller Zuseher erhalten. Der Kläger ließ sich davon nicht abhalten, sondern spielte und gewann weiter.

Quelle: Rechtsprechung des Landgerichts München I in Zivilsachen – Pressemitteilungen
Vor einem „zu hohen Telefonkostenrisiko schützen“, die machen mir Spaß. Aber nein, das Landgericht hat für Recht erkannt:

Vor Gericht machte er geltend, dass er bei seinen Anrufen keine verbotenen Wählprogramme benutzt habe und den Moderatoren jeweils seinen richtigen Namen mitgeteilt habe. Er sei von diesen in keinem Einzelfall vom Spiel ausgeschlossen worden. Die Beklagte hätte ihn auch nicht durch generelles Schreiben ausschließen dürfen, denn davon stehe nichts in ihren „Mitmachregeln“. Seine Erfolge beruhten nur auf seinem überlegenen Wissen. Dies sei lästig für die Beklagte, da diese umso mehr verdiene, je länger die richtige Antwort nicht gefunden werde. Denn solange würden weitere Anrufer versuchen – zu Anrufpreisen von jeweils 0,49 € – mit ihrer Antwort in die Sendung zu kommen. Schließlich meinte der Kläger, die Beklagte müsse ihn auch weiterhin zulassen, da in seinem Sendegebiet kein anderer Sender vergleichbare Spiele anbiete.

Die für Kartellrecht zuständige 33. Zivilkammer folgte dieser Argumentation nicht. Sie entschied: Ein Abschlusszwang kann weder aus Kartellrecht, das nur zwischen Unternehmen im geschäftlichen Verkehr gilt, noch aus bürgerlichem Recht hergeleitet werden. Anders als der Bezug von Wasser oder Strom ist „die aktive Teilnahme eines Fernsehzuschauers an den Gewinnspielen der Beklagten … zur Bedarfsdeckung im Rahmen einer normalen Lebensführung eines Durchschnittsmenschen nicht erforderlich“. Die Beklagte konnte die Auslobung zukünftiger Gewinne dem Kläger gegenüber wirksam widerrufen, urteilte die Kammer: „Ein sachlicher Ausschlussgrund setzt insoweit keine besondere moralisch hochstehende Motivation voraus, sondern kann auch in wirtschaftlichen Interessen der Beklagten begründet sein. Vorliegend dient der Ausschluss häufiger Gewinner der Funktionsfähigkeit des Spielekonzepts der Beklagten. Die auffallend häufige erfolgreiche Teilnahme einzelner Personen führt bei den übrigen Fernsehzuschauern, insbesondere bei erfolglos teilnehmenden Anrufern, zu der Vermutung einer nicht vorhandenen Chancengleichheit bzw. vorgenommenen Manipulationen und kann in Konsequenz zu einem fühlbaren Teilnahmerückgang führen. Dass die Beklagte als wirtschaftliches Unternehmen dem entgegen zu wirken versucht, um ihr Spielekonzept aufrecht zu erhalten, stellt einen objektiven und sachlichen Grund ohne diskriminierenden Charakter dar.“

Der wirksam ausgesprochene Ausschluss wurde auch nicht durch die Tatsache aufgehoben, dass die jeweiligen Moderatoren mit dem Kläger gesprochen hatten. Denn diese sind sich – auch für den Kläger – erkennbar nicht bewusst gewesen, dass sie es mit einem zuvor schriftlich ausgeschlossenem Spielteilnehmer zu tun hatten.
(Pressesprecher: RiLG Dr. Peter Guntz)
Also, wenn die deutschen Gerichte auch in anderen Fällen mal in diese Richtung entscheiden würden, bei Leuten, die nicht „professionell“ arbeiten wie so ein Sender, dann könnte man sich für so ein Urteil vielleicht sogar erwärmen. Aber nee, der Sender muss weder sein Spielkonzept ändern oder seine Moderatoren informieren. Er kann die Spielregeln auch beim Gewinnen setzen wie er mag. Dann soll er doch einfach Glückspiele anbieten.

Den Sender wird es jedenfalls freuen, bekommt er doch so die Bestätigung, dass man dort tatsächlich etwas gewinnen kann, obwohl: ich erinnere noch einmal! Macht er das nicht sowieso?

Unter dem Leitbegriff „Gewinnen gehört nicht zum täglichen Brot“ (Urteil vom 21.12.2004, Az.: 33 O 15954/04) hat das Landgericht einem Fernsehsender (ich erinnere) seinen Mitspielausschluss Recht gegeben. Um folgendes ging es:
Gewinne von mehr als 20.000,- € klagte ein eifriger Zuschauer ein, die er innerhalb eines halben Jahres in Fernsehgewinnspielen des Ismaninger Medienunternehmens 9 Live Fernsehen GmbH & Co. KG erzielt hatte. Sein Problem dabei: Der Sender hatte ihm zuvor mitgeteilt, dass er – zunächst für 6 Monate – von der Teilnahme an den Gewinnspielen ausgeschlossen sei und ihn gebeten, nicht mehr anzurufen. Denn er habe in der Vergangenheit so häufig und so regelmäßig mitgespielt und gewonnen, dass man ihn vor einem zu hohen Telefonkostenrisiko schützen müsse. Zugleich wolle man technische Manipulationen durch den etwaigen Einsatz sogenannter "Power-Dialer" verhindern und die Chancengleichheit aller Zuseher erhalten. Der Kläger ließ sich davon nicht abhalten, sondern spielte und gewann weiter.

Quelle: Rechtsprechung des Landgerichts München I in Zivilsachen – Pressemitteilungen
Vor einem „zu hohen Telefonkostenrisiko schützen“, die machen mir Spaß. Aber nein, das Landgericht hat für Recht erkannt:

Vor Gericht machte er geltend, dass er bei seinen Anrufen keine verbotenen Wählprogramme benutzt habe und den Moderatoren jeweils seinen richtigen Namen mitgeteilt habe. Er sei von diesen in keinem Einzelfall vom Spiel ausgeschlossen worden. Die Beklagte hätte ihn auch nicht durch generelles Schreiben ausschließen dürfen, denn davon stehe nichts in ihren „Mitmachregeln“. Seine Erfolge beruhten nur auf seinem überlegenen Wissen. Dies sei lästig für die Beklagte, da diese umso mehr verdiene, je länger die richtige Antwort nicht gefunden werde. Denn solange würden weitere Anrufer versuchen – zu Anrufpreisen von jeweils 0,49 € – mit ihrer Antwort in die Sendung zu kommen. Schließlich meinte der Kläger, die Beklagte müsse ihn auch weiterhin zulassen, da in seinem Sendegebiet kein anderer Sender vergleichbare Spiele anbiete.

Die für Kartellrecht zuständige 33. Zivilkammer folgte dieser Argumentation nicht. Sie entschied: Ein Abschlusszwang kann weder aus Kartellrecht, das nur zwischen Unternehmen im geschäftlichen Verkehr gilt, noch aus bürgerlichem Recht hergeleitet werden. Anders als der Bezug von Wasser oder Strom ist „die aktive Teilnahme eines Fernsehzuschauers an den Gewinnspielen der Beklagten … zur Bedarfsdeckung im Rahmen einer normalen Lebensführung eines Durchschnittsmenschen nicht erforderlich“. Die Beklagte konnte die Auslobung zukünftiger Gewinne dem Kläger gegenüber wirksam widerrufen, urteilte die Kammer: „Ein sachlicher Ausschlussgrund setzt insoweit keine besondere moralisch hochstehende Motivation voraus, sondern kann auch in wirtschaftlichen Interessen der Beklagten begründet sein. Vorliegend dient der Ausschluss häufiger Gewinner der Funktionsfähigkeit des Spielekonzepts der Beklagten. Die auffallend häufige erfolgreiche Teilnahme einzelner Personen führt bei den übrigen Fernsehzuschauern, insbesondere bei erfolglos teilnehmenden Anrufern, zu der Vermutung einer nicht vorhandenen Chancengleichheit bzw. vorgenommenen Manipulationen und kann in Konsequenz zu einem fühlbaren Teilnahmerückgang führen. Dass die Beklagte als wirtschaftliches Unternehmen dem entgegen zu wirken versucht, um ihr Spielekonzept aufrecht zu erhalten, stellt einen objektiven und sachlichen Grund ohne diskriminierenden Charakter dar.“

Der wirksam ausgesprochene Ausschluss wurde auch nicht durch die Tatsache aufgehoben, dass die jeweiligen Moderatoren mit dem Kläger gesprochen hatten. Denn diese sind sich – auch für den Kläger – erkennbar nicht bewusst gewesen, dass sie es mit einem zuvor schriftlich ausgeschlossenem Spielteilnehmer zu tun hatten.
(Pressesprecher: RiLG Dr. Peter Guntz)
Also, wenn die deutschen Gerichte auch in anderen Fällen mal in diese Richtung entscheiden würden, bei Leuten, die nicht „professionell“ arbeiten wie so ein Sender, dann könnte man sich für so ein Urteil vielleicht sogar erwärmen. Aber nee, der Sender muss weder sein Spielkonzept ändern oder seine Moderatoren informieren. Er kann die Spielregeln auch beim Gewinnen setzen wie er mag. Dann soll er doch einfach Glückspiele anbieten.

Den Sender wird es jedenfalls freuen, bekommt er doch so die Bestätigung, dass man dort tatsächlich etwas gewinnen kann, obwohl: ich erinnere noch einmal! Macht er das nicht sowieso?

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