19. Mai 2024 Die Masse lebt

Stille vor Mitternacht

Nicht nur, dass der Tag eine Sekunde länger war als gewöhnlich, sie war auch erstaunlich still, so kurz vor 24 Uhr. Neulich. Als das Stromnetz in Deutschland zusammenbrach, weil in den Clubs und Diskotheken die Musik kollektiv ausfiel. Der Schuldige war schnell ausgemacht. Es war die Musik-Inkasso-Gesellschaft. Und ein Reiskorn machte „Plöpp“. Eine Katastrophe, viele Besucher fragten sich vielleicht: Ist den schon wieder Karfreitag, war doch erst?

Und Autokorso? Ebenso Fehlanzeige, dafür reichten die Immigranten aus Italien und Spanien nicht aus. Es gab nicht einmal ein Wildschweinkorso am Bannwald. Unmöglich ruhig so eine Nacht. Um 3 Uhr dann Gewitter mit ordentlich Regen.

Ich habe mir so meine Gedanken gemacht. Woher rührt eigentlich das schlimme Image der GEMA in der weiten Bevölkerung. Der Grund ist schnell ausgemacht. Sie sind die Besserwisser und sie sind die, die Recht haben (wollen). Sie haben eine Ewigkeit nicht die einfachsten Begriffe des Lebens gekannt. Und sie haben auf der Ebene der Kommunikation mit den Nutzern (also Verwendern der Musik) übles Spiel getrieben. Denn sie hatten immer Recht. Oder sie waren im Recht. Und sie hatten die finanziellen Ressourcen, ihr Recht geltend zu machen – auch wenn sie nicht im Recht waren. Moralisch waren sie mehrfach nicht im Recht, hatten es aber trotzdem. Das ist die Herrschaft des Formalismus. Ein Stück mit mehr Instrumenten ist mehr Wert, eines das länger ist, ist es auch. Ein unnotiertes ist es weniger. Die Grenzen sind willkürlich, nicht zufällig. Wann immer man an die GEMA als Urheber oder Nutzer herantritt, immer steht man vor dem Berg der Vorentscheidungen, die keine Ausnahmen dulden, nur Härtefälle. Wer will das schon sein, ein Härtefall. Die ganze GEMA ist durchsetzt mit solchen Härtefällen. Aber sie sind System.

Wann wird ein Stück Musik abgerechnet? Nach dem Erklingen, beim Erklingen, vor dem Erklingen? (Eine ganz dumme Frage, ja? Wann wird John Cage Orgelstück aus Halberstadt berechnet? Es ist erst deutlich später als 70 Jahre nach seinem Tod zuende. Sollte sich die Gesetzeslage ändern, gilt dann in diesem Fall altes Recht? – Hat das Stück eigentlich eine „Melodie“?)

Daher rührt die Ablehnung. Es ist die Ablehnung eines Apparates, den zu durchschauen wahrscheinlich niemand in der Lage war (und ist). Daran anschließend entzündete sich die Ablehnung ihres Verteilungsvorganges. Was rein kommt, kommt nicht mehr raus. Außer bei manchen. Das nährt den Verdacht des „Betruges“. Vor allem bei den Stücken der Musik, die sozusagen nie abgerechnet werden, weil ihre Existenz nie bis zur Dokumentation reicht. Oder wo es Zweifel gibt, die nicht ausgeräumt werden können. Alles viele Vermutung, zur Not eben GEMA-Vermutung.

Der kleine Mann kann da schlecht verhandeln, die großen Organisationen verhandeln dagegen schlecht. Und so greift man sich selbst unter die Arme und schwitzt dabei sehr.

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