28. April 2024 Die Masse lebt

Erster, zweitter, drittter, lettztter

Ein kurzer Blick auf den Sinn des musikalischen Wettbewerbs. Es gibt keinen Sinn in Wettbewerben.

Der Wettbewerb, das sich vergleichen mit, das gehört, wie man gerne hört, zum Dasein dazu. Kinder wünschen sich zu vergleichen und ihre Kräft zu messen. Wettbewerbe sind ein Kinderwunsch. Jugend musiziert ist eben auch so ein Wettbewerb. Anthropologisch gar nicht anders möglich, weil es ein natürlicher Wunsch ist.

Auch früher gab es solche Vergleiche als Wettbewerbe. Oder Preisausschreiben. Keine Frage. Nur heute sind sie inflationär.

Nun ist aber doch die Frage, was man auf diese Weise gewinnt? Gerade im Bereich der Musik? Was ist der Gewinn eines Wettbewerbs wert, außer den pekuniären Werten oder denen der Schürfung von Vitamin B.

Ich kann für mich behaupten, dass mir Wettbewerbe immer sehr suspekt waren und sind. Es geht doch um die Sache, dass man eine “Aufgabe” meinetwegen gut löst, für einen selbst befriedigend löst. Wo man vielleicht von anderen Lösungen etwas lernen kann.

Aber woher kommt dieses Vorurteil, dass man die Vergleiche insbesondere benötigt. Das war schon in meinem Studium so, als Professoren in den entspechenden Ausschüssen betonten, dass eine benotete Zwischenprüfung von den Studenten gewünscht sei! Die wussten es besser. Waren ja Professoren und die Gegner der Benotung (wie ich) einfach links und weltfremd.

Auch in einem Gespräch mit einem Jugend-musiziert-Macher sagte dieser, dass die Kinder und Jugendlichen sich das wünschten. Welche aber? Und warum übt man nicht mit denen besser, auf sich selbst zu schauen, statt auf jene die einen “objektiv” in die Reihe setzen.

Welche Wettbewerbe waren in der Musik überhauipt fair. Marsyas vs. Apollo?

Laß’ dich mit keinem ein
Mit in die Wett zu spielen/
Wilst du kein Unglück fühlen/
Und ohne Kummer seyn:
Gedenck’ an Marsyas,
Was er durch solche That
Für Ungunst/ Spott und Haß
Haut-loß erlitten hat.
Laurentius von Schnüffis: Mirantisches Flötlein. Deutsche Lyrik von Luther bis Rilke, S. 68063 (vgl. Laurentius-Flötlein, S. 14)

Wem hilft was was? Wenn Bob Beamon 9 Meter weit springt, zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt an einem ganz bestimmten Ort, was wird damit gewonnen. Und was gewinnt ein der Pianist, wenn er mit 11 Jahren Liszts Liebestraum hingeklimpert bekommt?

Bei kleinen Recherche zum Thema ist übrigens bemerkenswert, wie unfündig man beim Thema wird. Historisch gesehen. Weder in Lyrik, Literatur, Philosophie und Soziologie lässt sich viel Belegenswertes aus der Vergangenheit finden. Das ist merkwürdig.

Es passt dazu, dass der Wettbewerbsgedanke so allgegenwärtig geworden ist, so unspektakulär im Prinzip, so hingenommen.

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