16. Mai 2024 Die Masse lebt

Woher holt Erika Steinbach eigentlich ihre Fotos

Vor wenigen Tagen hat Erika Steinbach einen Tweet gezwitschert, der bekanntermaßen und zurecht für Aufregung gesorgt hat.

Frau Steinbach fragt: Woher kommst du denn? Ich frage, woher kommt das Foto denn? Man sieht ja deutlich, dass das Bild manipuliert worden ist. Unten rechts ist eine Fläche im Foto schwarz übermalt worden. Nicht allein, um die Schrift besser wirken lassen zu können, denn die ersten Buchstaben stehen ja teilweise auch frei. Eine Quellenangabe des Fotos vermisst man allerdings. Auch, ob das Foto mit Erlaubnis der dort Abgebildeten entstanden sein mag. Keine Informationen dazu.

Eine Google-Bildersuche führt leider auch nur zu dem gleichen Bild, als gäbe es kein Original. Wenn man da ein bisschen ausschneidet, gibt es immerhin ein Bild aus der WhatsApp-Bilder-Suche. Das sieht so aus:

Das Original? Quelle: http://whatsapp-bilder.com/so-koennte-es-2030-in-deutschland-wirklich-aussehen/
Das Original? Quelle: http://whatsapp-bilder.com/so-koennte-es-2030-in-deutschland-wirklich-aussehen/

Auffallend neben den schwarzen Balken oben und unten sind auch der Beschnitt, so dass „Minus Mensch“ als Kennzeichen verschwindet. Dann gibt es noch einen Beschnittfehler (schmaler weißer Rand, links) und die schwarzen Linien in der Mitte, auf die man sich keinen Reim zu machen weiß. Aber das Original ist wohl auch dieses Bild nicht. Frau Steinbach lässt an einer anderen Stelle übermalen (auch Minus Mensch).

Was also will Erika Steinbach verdecken, warum gibt sie keine Quellenangabe an.

In der ZEIT erklärt sie dazu:

“Das Foto schickte mir ein besorgter Vater aus Frankfurt am Main, dessen Kind in seiner Klasse nur noch zwei weitere deutsche Mitschüler hat. Das Foto hatte er in der Mail mit angehängt”, sagte Steinbach der Bild-Zeitung. [Quelle: ZEIT Online]

Man kann also Bilder, die ein besorgter Vater in einer Mail anhängt, einfach ohne nach den Nutzungsrechten zu fragen, weiterverbreiten. Welchen Begriff von Urheberrecht hat Frau Steinbach hier. Will sie jetzt auch noch diesen „besorgten Vater“ mithineinziehen, das Vergehen auf ihn abwälzen. Der arme „besorgte Vater“. Der hatte sich natürlich die Nutzungsrechte zusichern lassen. Ganz sicher. Das ist schon wirklich ganz schön traurig.

Man muss sich also wirklich nicht wundern, wenn Politikerinnen so sorglos mit dem Urheberrecht umgehen, dass dann im „besorgten“ Volk wenig Verständnis für dieses Thema empfunden wird. Die Tatsache, dass man bislang der Urheber des Originalfotos nicht ausfindig machen konnte, heißt ja keinesfalls, dass es frei verwendet werden kann.

PS: Bis jetzt konnte ich das Bild bis zu Wladimir Kaminer zurückverfolgen, bei dem es im September 2015 auftaucht. Allerdings in einem ganz anderen semantischen Feld. Er schreibt zu dem Bild, das hier übrigens auch ohne Textaufdruck auskommt.

„Europäische Union  ist  groß, reich und stark, hat aber Selbstbewusstsein eines kleinen Kindes, das sich am fremden  Strand verlaufen hat. Eine halbe Milliarde Einwohnern muss nicht wegen einer  Million Flüchtlingen in die Hose machen. Das ist 1 in-Not- Geratener pro  500 EU-Bürger.  Das schaffen wir.“ (Blog von Wladimir Kaminer)

Eine Quelle nennt leider auch Kaminer nicht. Irgendwo aus dem tumblr-Universum kommt es da. März 2012 taucht es bei maulwurfinfo, einer „rechten“ Website auf (ähnliche Beispiel ließen sich finden). Auch auf Spassfieber.de findet sich das Bild bereits. Auch eine arabische Quelle gibt es (2012/02). Nirgendwo liest man eine Quellenangabe.

Update: Und eine Fälschung liegt der verwendeten Fassung von Erika Steinbachs Version noch dazu zugrunde: Hinweis aus RP-Online.

Fälschung & Original.
Fälschung & Original.

 

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