16. Mai 2024 Die Masse lebt

Fengshui oder die Kunst des Kulturabbaus?

Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat sieht das Unvermeidliche, die Kommunen werden in 2020 ff. weniger Einnahmen zu verbuchen haben. Sie können künftig daher auch nicht aus den alten vollen Beständen schöpfen. Obendrauf kommt die Schuldenbremse, die es nicht gestattet, sich beliebig hoch zu verschulden. Anders als der Bund. Zimmermann schreibt auf Twitter:

“Einige fordern jetzt in der Krise einen Umbau der Kulturfinanzierung, doch wohin soll eigentlich umgebaut werden. Oder steht am Ende doch nur ein Abbau? Wir müssen aufpassen, dass unter dem schillernden Wort der ‘Transformation’ nicht in Wirklichkeit ‘Reduktion’ gemeint ist.”

Olaf Zimmermann auf Twitter

Gut gemeinter Ausflug in die Begriffswelt. Es hilft aber doch alles nichts. Diese Coronakrise beschleunigt einige Prozesse so oder so – ob es einem gefällt oder nicht. Impfstoffentwicklung in Monaten statt Jahren, aber eben wohl auch den Umbau der Kulturinstitutionen. Aber nur, wenn man die Rechnung ohne den Wirt macht: Der Wirt ist hier die Gesellschaft als Ganze. Man möchte kaum glauben, dass da die Reserven schon aufgebraucht wären. Wenn die Schlagzeile 2017 war: Die Deutschen vererben im Jahr 400 Milliarden Euro, dann fällt es schwer, von einem armen Land zu sprechen, welches kreucht und fleucht. Am Geld in aller Weite und Breite sollte es nicht scheitern. Es geht nicht darum, irgendwas davon wegzuknapsen.

Reduktion. Foto: Hufner
Reduktion. Foto: Hufner

Aber so, wie man sich überlegen muss, in welche Richtung man zukünftig seine Gedanken und Kultur investiert, muss man auch sehen, für wen und von wem kommt der Wille und Wunsch dazu. Krise als Chance ist nur dann ein Euphemismus, wenn man eine schlechte Entwicklung gutreden möchte. Eine Krise ist dann eine Chance, wenn man daraus etwas für die Zukunft besser zu machen lernte. Da kann natürlich eine “Reduktion” an der einen oder anderen Stelle durchaus auch ein probates Mittel sein.

Denn die durch die Pandemie auch ausgelöste Krise der Kultur offenbart eben auch die Knickstellen ihrer aktuellen Verfassung. Und damit sind nicht Lüftungsanlagen gemeint, die die Luft gereinigt umwälzen und die es in den 90er Jahren noch nicht gab. Sondern die problematischen Erwerbslagen der in Kultur arbeitenden Menschen. Es sind nicht Veränderungen der Akustik von Konzertsälen gemeint oder die Organisationsprobleme vor Kleidergarderoben. Oder anders gesagt: Das Kaputte jetzt zu retten, wäre doch absurd.


Aus dem Newsletter der nmz vom 11.12.2020.

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