27. April 2024 Die Masse lebt

Bayer:n muss södern / Der Hund und die Pizza / Was singt uns dieser Baum?

»Denn weil es unverantwortlich ist, sich unverantwortlich zu machen, müßte es verantwortet werden.« (Karl Kraus)


Wenn Bayern jetzt in Schulen, Behörden und Hochschulen das Södern vorschreibt, wird es schwierig werden für ein korrektes rumbayern. Denn wie will man dann Zitate zum Beispiel zurücksödern in die Södersprache. Sind die Zeichen einer geschlechtergerechten Sprache, wenn sie von Menschen oder Texten vorgetragen werden, dann rückbildungspflichtig. Wird es für Bayern eine Software geben, die Texte aus dem Internet regional södert?

Nach wie vor bin ich selbst der Meinung, man hat zurzeit in Sachen deutscher Sprache ohnehin keine Wahl zwischen gut oder schlecht, sondern nur zwischen schlecht und schlechter. Das Södern ist ein Schritt zurück zur geschlechterungerechten Sprache.

Interessant fände ich, inwiefern sich ein solches Gesetz (oder Erlass, Anweisung) rechtlich bindend durchsetzen lässt. Und mit welchen Sanktionen ein Verstoß belegt wäre.


Man kann aber auch ganz einfach gar nichts sagen und man sollte nicht vergessen, dass nicht allein die Form darüber entscheidet, wie man sich verhält, sondern das, was gesagt wird.

Geschlechtergerechter Rassismus oder Antisemitismus sind nicht zwingend sich ausschließend. Dogmatismus ist fast nie von Nutzen. Dass überhaupt in den Kategorien von Identitäten geredet und geschrieben wird, ist exkludierend an sich und muss es sein. Deswegen ist es fast immer auch ein Schaden, der die Welt in Freund und Feind, Entweder / Oder teilt. Mein Kollege Mathis Ubben hat dies wunderbar in seinem Cluster beschrieben, wo er dann das „grau“ stark macht. In Aus dem Grauenvollen schöpfen clustert er so

Obwohl wir unseren ganzen Stolz, das Hirn, die „grauen Zellen“ nennen, graut es uns vor Grautönen – möglichst schwarz-weiß soll das Denken sein. Und den Meinungen, die daraus entstehen und die ich in letzter Zeit beobachten durfte, steht das „oder“ leider viel besser als ein „und“: Die Konzertkritik war gut oder schlecht; die Kulturförderung funktioniert gut oder gar nicht; das Konzertprojekt ist nachhaltig oder klimaschädlich. Und immer wieder stimmt die Intonation im Instrumentalunterricht oder eben nicht. …

In eine ähnliche Kerbe haut auch Moritz Eggert in seiner Intervention im Bad Blog of Musick. Skylla und Charybdis heißt sein Beitrag. Er endet so:

Ich rekapituliere: Kultur ist im Moment ein „Battleground“, der von zwei Seiten vereinnahmt werden will. Auf der einen Seite Skylla, auf der anderen Charybdis. Die einen wollen Kultur größtenteils abschaffen oder sie populistisch instrumentalisieren, die anderen wollen sie kastrieren und ihr die Zähne ziehen, auf dass sie möglichst niemanden „beleidigt“.

Beides ist unerträglich, und wir Kunstschaffende tun gut daran, uns weder auf die eine noch die andere Seite zu schlagen.

Die polarisierten Konflikte der Gesellschaft müssen aber auch in unseren Werken Raum bekommen, ansonsten sind wir das, was der Kunst nie passieren darf: langweilig.

Ansonsten ist wieder allerhand zu tun … letzte Woche hatte ich dafür vier CDs für die HörBar besprochen. Sollte ich zumindest erwähnen. Alle vier sind des Hörens wert.

Schmid / Duppler / Jensson – Blíður

Santi Gubini – The Black Exposition

Eva Zöllner – voces, señales

Benjamin Schaefer – Power

Was singt uns dieser Baum?

Sprache der Bäume. Foto: MH
Sprache der Bäume. Foto: MH

Vor sechs Jahren

Der Hund und die Pizza. Foto: MH
Der Hund und die Pizza. Foto: MH

Vor zwei Tagen und einem Jahr ist diese wunderbare, kluge und höfliche Dame gestorben. Unsere neue Hündin nun ist just an diesem Tage das erste Mal läufig geworden.

 

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