15. Mai 2024 Die Masse lebt

GEMA und die Quote

Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass sich dem Gema mit dem Thema Quote nicht auseinandergesetzt hat. Irrtum. Meister Kreile hat einiges dazu vom Stapel gelassen, und zwar am 30.6.2004.

Die Verächter jeder Quotenregelung meinen, der Markt müsse es selber richten. Sie übertragen also eine ökonomische Gesetzmäßigkeit des Gütermarktes auf den musikalischen, ideell-kulturellen Markt.

Das ist absolut ein Novum seitens der GEMA-Sprache. Ganz auf einmal redet sie vom ideell-kulturellen Markt. Es passt eben genau das in den Kram, was gerade passen muss.

Wenn sie so gute und freie Marktwirtschaftler wären, wie sie vorgeben, um gegen eine Quote zu argumentieren, dann wüssten sie, dass auch der ökonomische Markt keine Monopole duldet. Und deswegen wollen wir auch keine Geschmacksmonopole dulden.

Aber hoppala. Wer ist denn daran schuld?

Wir wollen uns im großen Bereich des Musiklebens in Deutschland nicht den musikalischen oder gar musikökonomischen Geschmack vorschreiben lassen, wie er zum Großteil beim Rundfunk herrscht. Die GEMA hat immer wieder versucht – und wird dies auch weiterhin tun – das Gespräch mit den Verantwortlichen des Rundfunks und des Fernsehens aufzunehmen, in der Hoffnung, dass diese selbst einmal einsehen, dass die Eintönigkeit ihrer musikalischen Programme nicht das musikalische Lebensgefühl aller, die an der Musik teilnehmen wollen, befriedigt. Gerade die öffentlich-rechtlichen Sender müssen zur Programmvielfalt zurückkommen, sie müssen den verfassungsrechtlichen Grundversorgungsauftrag auch bei der Musik ernst nehmen.

Da ist der Buhmann und so ganz kann man sich der Argumentation nicht verschließen. Darauf läuft schließlich auch die Kritik am gegenwärtigen Zustand des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinaus. So ein Einsatz seitens der Gema, alle Achtung.

Nun, es ist ja nicht so, dass die verantwortlichen Intendanten und Programmdirektoren dies nicht einsähen: aber sie erweisen sich als zu schwach, diese Einsicht auch durchzusetzen gegenüber denjenigen Programmgestaltern ihrer eigenen Sender, die sich gerade den musikalischen Monopolgeschmack anmaßen.

Herr Romann, lesen sie noch mit?

Diese Klage um eine Verödung der Vielgestaltigkeit der Musikkultur in Deutschland hat nicht mit Nationalismus zu tun, sondern mit der Erkenntnis, das diese Vielgestaltigkeit europäischer und deutscher Musikkultur nicht der musikindustriellen Einseitigkeit geopfert werden dar.
GEMA – Kommunikation: Rede des Vorsitzenden des Vorstands Prof. Dr. Reinhold Kreile bei der Mitgliederversammlung am 30. Juni 2004 in Berlin über das 70. Geschäftsjahr 2003

Klingt gut, Herr Prof. Kreile, sie beschreiben hier ein Dilemma der deutschen Musikkultur recht eindrucksvoll. Fehlt nur noch die Einsicht in die eigene Problematik. Klar, die Gema vertritt Autoren, Verleger und Textdichter, weltweit, wie man weiß – und für das Aufkommen im Gema-Geschäftsbericht spielt es keine Rolle, ob da Beyonce oder Juli gespielt wird. Der Gema kann insofern nicht einmal ökonomische Gründe für diese harten Worte vorgeworfen werden.

Aber der halbsozialistischen Haltung gegenüber der sich selbst deregulierenden Marktwirtschaft wünschte man sich noch ein bisschen mehr Nachdruck in eigener Sache.

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