16. Mai 2024 Die Masse lebt

VG Wort – Krokodilstränen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Verlegern pauschal keine Beteiligung an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaft Wort zustehen. Geklagt hatte der Autor und Urheberrechtsexperte Martin Vogel.

Der BGH führt dazu in seiner Pressemitteilung vom 21.4.2016 aus: „Den Verlegern stehen nach dem Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu, die von der Beklagten wahrgenommen werden könnten. Verleger sind – von den im Streitfall nicht in Rede stehenden Presseverlegern abgesehen – nicht Inhaber eines Leistungsschutzrechts. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche für die Nutzung verlegter Werke stehen kraft Gesetzes originär den Urhebern zu.“ Grundlage hierfür ist §54, Abs. 1 UrhG nach dem allein „der Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten und von Speichermedien, deren Typ allein oder in Verbindung mit anderen Geräten, Speichermedien oder Zubehör zur Vornahme solcher Vervielfältigungen benutzt wird, Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung“ hat.

Die Folgen des Urteils: Verleger müssen die sowieso unter Vorbehalt gegebenen Zahlungen an die VG Wort zurückerstatten. „Das Urteil ist kulturpolitisch höchst problematisch. Es beendet das seit Jahrzehnten bestehende fruchtbare Miteinander von Urhebern und Verlagen in den urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften. Wir brauchen umgehend eine gesetzliche Korrektur der Entscheidungen von BGH und Europäischem Gerichtshof, sonst droht die Insolvenz etlicher kleiner und mittlerer Verlage“, sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Ins gleiche Horn bläst der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, der die Politik zum Handeln auffordert.

Doch wie sollte das gehen? Über eine Gesetzesänderung oder beispielsweise die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für Verleger. Ob die Politik dazu bereit ist? Zumal man sehenden Auges sich in diese Lage hineinmanövriert hat.

In diesem Zusammenhang ist vor allem die Meinung des Deutschen Kulturrates ziemlich eigenartig. Noch Ende letzten Jahres ging er in einer Resolution von einer Rechtsunsicherheit aus – und dabei ist der Kulturrat geblieben. Dabei ist die Sachlage seit Jahren a) bekannt und b) ziemlich eindeutig gewesen. Das ließ sich auch für die Tauben in dem Gastbeitrag Vogels für das Blog von Stefan Niggemeier nachlesen.

Man mag das ja bedauern. Und die Verlage können einem natürlich auch leid tun, dass sie von den Kopierabgaben nix bekommen. Aber sie bekommen es ja nur nicht, weil sie nicht eine gesetzeskonforme Regel eingeführt haben. Zum Beispiel durch eine entsprechende Verwertungsgesellschaft für Leistungsschutzrechte für Verleger. Ob das begründbar ist, ist eine andere Frage. Im Moment kann ich noch nicht überblicken, was die politischen Parteien im Bundestag dazu sagen. Die Eile, mit der jetzt eine Änderung gefordert wird, ist jedoch eigenartig. Und heißt nichts Gutes. Schon seit Jahren hätte man in dieser Hinsicht etwas unternehmen können. Hat man aber nicht. Warum eigentlich? Weil man sich so rechts(un)sicher war?

Man hat sich dahinter verschanzt, dass das die VG Wort schon alleine geregelt hatte, entsprechende Passagen gab es ja. Nur können diese sich nicht über das Recht im allgemeinen stellen. Genau so wenig, wie wenn man mit jemandem vereinbart, dass eine Urheberschaft auf jemanden anderes übergeht. Nur als Beispiel.

Die Kommentare in den Feuilletons sind in dem Zusammenhang herzerweichend. Wie hier bei der ZEIT. Es wird da gesagt, wie wichtig Verlage für die Autoren sind, wie tolle Arbeit sie alle leisten etc. Und das Urteil des BGH sei dagegen kursichtig. Ja, nach welchen Maßgaben soll den so ein Gericht seine Entscheidung fällen? Nach Jammerlyrik?

Eigentlich doch eher schlimm, dass die Verantwortlichen bei der VG Wort seit Jahren nicht an der Lösung der Rechtsfrage sich beteiligt haben. Irgendwie als ob man sich so durchmogeln wollte. Wird schon schiefgehn. Aber das ist leider eben auch eine aktuelle Entwicklung, dass man nicht den Ursachen der Probleme auf den Grund gehen mag, sondern mit Gefühlen hantiert.

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