Aufgeklärte Musikmenschen werden die Niederlegung des Aufsichtsratsmandats in der GEMA von Charlotte Seither noch sehr schmerzhaft und lange bedauern. Sie war in der Domäne die Letzte, die für Menschen aus engagierter Ästhetik und Kunst die Tür offengehalten und sich für ihre berechtigten Ansprüche in der Verwertungsgesellschaft eingesetzt hat. Das muss auch immer sehr weh getan haben und war gewiss kein Zuckerschlecken. War sie damit allein auf weiter Flur, ist dieser nun frisch gebohnert für die Jungdynamiker:innen am Rande ihrer Substitution durch maschinische Musikapportorganisationen aus USA und China. Lähmung der Sinnesapparate folgt. Die Rechenschieber gehen ein letztes Mal über „Los“ und ziehen ihre Schecks ein.
„Wirtschaftliche Macht braucht immer auch ein Gegengewicht in der kulturellen Verantwortung.“ (Charlotte Seither)
Die E-Musik-Menschen mögen in weiten Teilen eitel sein und schwierig, neidzerfressen und unnachgiebig; aber sie haben vielleicht wieder mehr Lust am Kämpfen für die Sache der Musik, als die Goldgräber-Ästheten der Psychoakustik. Die werden die Karre nicht aus dem Dreck der Musikverwertung globaler Konzerne ziehen können, sondern arrangieren sich längst damit. Am Ende wird die „Nische“ halt auch die Verwertungsavantgarde sein müssen. Ungeliebt von den Scheckbuchträgern. Aber was muss, das muss.
Vor einigen Jahren durfte ich Charlotte Seither einmal zum Gespräch bitten. Hier sind die Ausschnitte aus einem langen, langen Abend in Charlottenburg.
Musikhören
Vielleicht finde ich bald wieder mehr Zeit für den angestauten Ärger über die Welt (ja, auch in der WELT), der letzten Wochen.