16. Mai 2024 Die Masse lebt

-dung

Es gab ein kleines Strohfeuer der Zustimmung: Elke Heidenreich und Götz George fanden den Auftritt des Literaturkritikers voll korrekt.

Es gab ein kleines Strohfeuer der Zustimmung: Elke Heidenreich und Götz George fanden den Auftritt des Literaturkritikers voll korrekt. Auch sie hätten manches längst schon gesagt, aber nicht so richtig. In diesem Moment der eitlen Einsicht stand doch, potztausend, augenblicklich für einen Moment die Erde still. Dieser Aufruhr plötzlich. Bloß wegen des Fernsehprogramms? Wer diesen Dung sät, wird BILD ernten, mag man da entgegenhalten. Aber andererseits, mal ehrlich, wenn man sich noch im „echten“ Kulturbereich so umschaut, wer könnte denn guten Gewissens noch seine innersten Anliegen oder Ideen vertreten – der eine schaut aufs Geld, der andere auf die Attraktivität oder das Ereignis als solches und der letzte ist entweder sprechender Vertreter seiner Lobby oder hat es dann doch nicht gesagt.

Welche Seele wäre da nicht korrumpiert, und wer korrumpierte da nicht selbst andere immerzu? Krachlederne Wertefritzen stehen mittlerweile auch schon an jeder kulturellen Ecke, seien es Zeitungsherausgeber oder Showmaster; nur kennzeichnet sie nicht mehr der Kneifer auf der Nase sondern das Notebook und/oder das internetfähige Mobiltelefon. Sie scheißen sich und andere mit Kultur und Bildung – meistens hochprozentige selbstverständlich – nur so zu. Und dummerweise bleiben selbst dann noch genügend Blähgase, um auch den Rest der unmittelbaren Umgebung zu beweihräuchern. Der Fisch stinkt vom Kopfe, der Mensch vom Hirne her. Man merkt es nur nicht, da es (das Hirn) seine Position im Körper geändert hat.

Wir haben nicht etwa ein Problem mit zu wenig Bildung oder Kultur, sondern eines mit einem zu viel davon an der falschen Stelle verbreitet von den, im doppelten Sinne, falschen Menschen. „Frisch-fröhliche Verbreitung von Bildung unter den herrschenden Bedingungen ist unmittelbar eins mit ihrer Vernichtung,“ meinte Adorno einmal dazu. Das wären somit auch nicht die allerbesten Voraussetzungen für die Zukunft.

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2 Kommentare

  1. Ja.
    Da kann ich nur zustimmen. Der Enzensberger würde das heute aber wohl nicht mehr “Nullmedium” nennen, das geht zu sehr ins “Negativmedium” zwischenzeitlich.

  2. Nullmedium war ja noch fast
    Nullmedium war ja noch fast freundlich gemeint, in der Tat. Sonst würden sich die Leute die Birnen einschlagen, meinte er. Andererseits ist da schon so wenig, dass man keine lebensnotwendigen Körperteile treffen würde, wahrscheinlich.

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