18. Mai 2024 Die Masse lebt

Herrenberg-Urteil und die Folgen

Geometrie des Lebens

„Einschlafwinkel = Aufwachwinkel“

Selbständigkeit und Kultur

In der Zeitung des Deutschen Kulturrats „Politik & Kultur“ beschäftigen sich Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz mit den Folgen des Herrenberg-Urteils.

Darum geht es:

Das sogenannte Herrenberg-Urteil ist eine höchstrichterliche Entscheidung vor dem Bundessozialgericht (BSG), die im Fall einer Klavierlehrerin erging, die nach 15 Jahren als Honorarkraft in der Musikschule Herrenberg ein Statusfeststellungsverfahren angestoßen hat. Sie ließ klären, ob bei ihr eine abhängige Beschäftigung nicht geboten sei, da sie organisatorisch in die Musikschule eingebunden ist. In letzter Instanz entschied am 30. Juni 2022 das Bundessozialgericht, dass die Klavierlehrerin aufgrund der tatsächlichen Umstände hätte angestellt werden müssen. Die Musikschule bzw. die Stadt Herrenberg muss nun die Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. (Politik & Kultur – 2024/05)

Und sorgt nach wie vor in weiten Teilen der in „Kultur“ Beschäftigten für Unsicherheiten, wie Zimmermann schreibt.

Anderthalb Jahre nach dem BSG-Urteil besteht aktuell eine große Aufregung in der Kulturszene und teilweise wird verbreitet, niemand könne mehr im Bildungsbereich als Honorarkraft tätig sein. Dies ist mitnichten der Fall, ein genauerer Blick auf die Situation lohnt sich also. (Politik & Kultur – 2024/05)

Der Blick ist dann zwar genau, aber dieses „mitnichten“ wird relativ wenig erklärt. Was schade ist. Aber im Prinzip hängt es an der Beantwortung der Frage, wann Selbständigkeit beginnt und wo sie endet. Die Autorinnen Zimmermann und Schulz sagen, es handle sich dabei nicht um ein Wunschkonzert, sondern wird in gewisser Hinsicht exakt vermessen. Aber wie genau, was und warum, bleibt am Ende eine Frage, die im Zweifel vor Gerichten entschieden werden muss. Siehe auch das sogenannte „Parsifal-Urteil“ von 2007, bei dem es um Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall  bei Gastspielen ging (DANK an Rainer Nonnenmann für den Hinweis).

  • Beim Bundesverband Freie Darstellende Künste findet sich eine hilfreiche Aufstellung der Unterschiede in Rechtsformen etc.

Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in der Kultur

Das Magazin field notes der Initiative Neue Musik Berlin fragt in seiner neuen Ausgabe, welche Auswirkungen das Erstarken von rechtspopulistischen und rechtsextremen Positionen auf die Kultur hat. Dazu gibt es einen Roundtable sowie eine Sammlung Berliner Positionen.

Die Stimmkünstlerin Natalia Pschenitschnikova:

»Rechte Kulturpolitik versucht, bestimmte Narrative zu dominieren, kritische Diskurse zu unterdrücken und kulturelle Vielfalt einzuschränken. Das kann in Form von Zensur, Budgetkürzungen für bestimmte Kulturprojekte oder der Förderung von national-konservativen oder nationalistischen Inhalten geschehen.« (Sammlung Berliner Positionen)


Musik & Markt

GEMA-Mitgliederversammlung: Punkt 26

Der Punkt 26 der diesjährigen Tagesordnung der GEMA-Mitgliederversammlung 2024 eröffnet die Diskussion, ob angesichts der größeren musikalischen Vielfalt die beiden Abrechnungsbereiche „Ernste Musik“ und „Unterhaltungsmusik“ noch aufrechtzuerhalten sind und fordert auf, sich dazu und zur genreübergreifenden integrativen Verteilung und zur Kulturförderung, „bei einer gezielten Aufwertung für besonders förderungswürdige Werke und Leistungen“, Gedanken zu machen. Alexander Strauch im Bad Blog Of Musick.

Spotify & KI und das Musikschaffende Wesen

Komponist und GEMA-Aufsichtsrat Matthias Hornschuh über die Marktmacht von Spotify und die Folgen der KI-Revolution für Musikschaffende (auf Backstage Pro)

Matthias Hornschuh: Das Problem ist, dass unser Markt aktuell total kaputt ist. Spätestens seit Corona haben Leute, die Musik machen, sei es als Komponist*innen oder Musiker*innen, keine Reserven mehr. Bei der nächsten kleinen Katastrophe geben viele ihren Beruf auf. Das muss man sich volkswirtschaftlich genauer anschauen, denn es kann nicht im Interesse des Staates sein, dass diese Beschäftigung wegbricht. Die Nachfrage ist da, aber es kommt keine tragfähige Vergütung dabei heraus.


Jürgen Becker: Ränder, 1970

Jürgen Becker Ränder, 1970. © MH
Jürgen Becker Ränder, 1970. © MH

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