21. Mai 2024 Die Masse lebt

Cluster: Experten

Haben sie schon einmal versucht, Musik von Helmut Lachenmann aus dem Internet zu laden? Internet haben sie nicht? Sie Glücklicher. Andernfalls: Probieren sie mal. „Dal niente, al niente“, sag ich nur, Null Komma nufftig. Dagegen findet man immerhin einiges von Iannis Xenakis oder John Cage. Ist eigentlich nicht so schlimm, weil die Sache mit dem Internet ist in der Regel sowieso verboten. Verbieten macht eben mehr Spaß als zulassen und ist auch spannender. Da haben die deutschen Phonoverbände jetzt die ersten drei Prozesse durchgefochten, von wegen unerlaubten Angeboten im Internet.

Haben sie schon einmal versucht, Musik von Helmut Lachenmann aus dem Internet zu laden? Internet haben sie nicht? Sie Glücklicher. Andernfalls: Probieren sie mal. „Dal niente, al niente“, sag ich nur, Null Komma nufftig. Dagegen findet man immerhin einiges von Iannis Xenakis oder John Cage. Ist eigentlich nicht so schlimm, weil die Sache mit dem Internet ist in der Regel sowieso verboten. Verbieten macht eben mehr Spaß als zulassen und ist auch spannender. Da haben die deutschen Phonoverbände jetzt die ersten drei Prozesse durchgefochten, von wegen unerlaubten Angeboten im Internet.

Die Bilanz: Es traf einen 23-jährigen Azubi aus Cottbus, einen 56-jährigen Netzwerktechniker aus Nürnberg und einen 57-jährigen Realschullehrer aus dem Raum Stuttgart, der in „seinem Beruf offenbar nicht völlig ausgelastet“ sei (Zitat Pressemeldung der deutschen Phonoverbände). Den Lehrer kosten die von ihm angebotenen 2.000 Titel jetzt 10.000 Euro. Also fünf Euro pro Datei (ja, „Datei“ oder „File“ sagt man, auch wenn’s bekloppt klingt). Da ist der noch mal gut weggekommen, wenn man die Preise für legale Downloads mit eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten zum Vergleich heranzieht. Das legale Beziehen von Musik übers Netz gilt nämlich als des Pudels Kern und des Rätsels Lösung.

Also nix wie ran beziehungsweise rein und „Lachenmann“ (das ist der Komponist, der den GEMA-Vorstandsvorsitzenden Reinhold Kreile „eigentlich“ doch kennt) im frischen deutschen iTunes-Store gesucht: Nüscht, und dazu die höfliche Nachfrage, ob man nicht „Bachmann“ gemeint habe. Neuer Versuch und Moritz „Eggert“ (kennt jeder nmz-Leser) suchen: Wieder nüscht, aber die liebevolle Nachfrage, ob man nicht „Expert“ gemeint habe. Aha, danke für den freundlichen Hinweis, suche ich mir also erst einmal einen Experten. Letzter Versuch „Xenakis“ (das ist der, der auch mit Computerunterstützung Musik komponiert hat): Erfolg! Da gibt’s tatsächlich eine CD mit dem Titel „Kraanerg“, 41 Einzelteile von 19 Sekunden bis etwa fünf Minuten jeweils zum Preis von 99 US-Cents. Ein unschlagbares Angebot, ja nachgerade fast geschenkt. Ich nehme dann die Teile 3 und 36, und bitte als Geschenk einpacken, denn die will ich dem Lachenmann zum Geburtstag schenken. Wie, der hat gar kein Internet? Glücklicher.

Martin Hufner
Cluster sind eine ständige Rubrik der neuen musikzeitung, hier Ausgabe 7/8 2004, S. 10.

 

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