14. Mai 2024 Die Masse lebt

Wahlprüfsteine des Deutschen Kulturrates

Heute sind die Wahlprüfsteine des Deutschen Kulturrates veröffentlicht worden — mit Pressekonferenz und großem Tamtam in Berlin. Eben gab es sogar in DLF ein Interview mit dessen Präsidenten Vorsitzendem, Max Fuchs. Zunächst will ich nur auf das Dokument hinweisen. Man kann es im Zeitungsformat (Berliner Format) auf gut 24 Seiten als pdf herunterladen (426 KB).

Nur ein Schnelleinblick zu den Antworten in Sachen Privatkopie:

BÜNDNIS90/GRÜNE
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für eine durchsetzungsstarke digitale Privatkopie im Sinne des Verbraucherschutzes ein. Mit der derzeit geltenden Regelung wird das Recht auf Privatkopie im Grundsatz zwar nicht angetastet, sofern aber technische Schutzmaßnahmen vorhanden sind, wird den Nutzerinnen und Nutzern nicht gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, dieses Recht auch tatsächlich auszuüben. Wir sind mit dieser faktischen Ungleichbehandlung von analoger und digitaler Privatkopie unzufrieden und wünschen uns eine stärkere Durchsetzbarkeit der digitalen Privatkopie. Sollte es aber bei der „faktischen“ Abschaffung der Privatkopie bleiben oder diese sogar noch weiter eingeschränkt werden, stellt sich auch die Frage, welche Konsequenzen dies auf Dauer für die Leermedienabgaben hat – zusätzliche Einnahmen für Urheber und Verwerter über diese Quellen könnten zukünftig verloren gehen.
[Kommentar Huflaikhan: Was ist „eine stärkere Durchsetzbarkeit der digitalen Privatkopie“]

CDU/CSU
Die digitale Privatkopie ist anders zu behandeln als die analoge Kopie. War die analoge Kopie noch tatsächlich als Kopie kenntlich, ist die digitale Kopie eher ein Klon des Originals und erreicht damit eine andere Qualität. Daher sind stärkere Einschränkungen bei der Digitalkopie vorzunehmen. Gleichzeitig müssen die Rechteinhaber bessere Mittel an die Hand bekommen, um Urheberrechtsverletzungen selbstständig verfolgen zu können. Ein zivilrechtlicher Auskunftsanspruch gegen Internet-Service-Provider ist daher in das Urheberrecht aufzunehmen.
[Kommentar Huflaikhan: Im Zentrum des CDU/CSU stehen die Verwerter, nicht die Urheber von Musik, denn für einen Urheber ist das Werk in der Analogkopie genauso existent wie in einer digitalen — so oder so sind es Interpretationen. Und gleichzeitig der Ruf nach Provider-Ausforschung. Law&Order.]

LINKSPARTEI/PDS
Wir wollen, dass die Schranke der Privatkopie im digitalen Bereich beibehalten wird. Privatkopien sollten weiterhin zulässig sein, sofern sie ausschließlich für den privaten Gebrauch auf beliebigen Trägern bestimmt sind und weder direkt noch indirekt Erwerbszwecken dienen.
[Kommentar: niedlich die indirekte oder direkte Verknüpfung mit Erwerbszwecken — gemeint ist doch wohl, dass man verhindern will, dass böse Leute mit anderer Leute Ideen Geschäfte machen. — Manchen nennen das Urheberrecht.]

FDP
Ein generelles Verbot digitaler Vervielfältigungen, um privaten Gebrauch ist nach Auffassung der FDP nicht erforderlich. Die Befugnis zur Herstellung von (digitalen) Privatkopien als Quelle für Vervielfältigungen muss jedoch auch künftig unter dem Vorbehalt stehen, dass der Rechteinhaber keine technischen Schutzmaßnahmen (Kopierschutz usw.) einsetzt. Das Verbot der Umgehung von Kopierschutzmaßnahmen ist ein zentrales Element des digitalen Urheberrechtsschutzes und darf nicht in Frage gestellt werden. Die Berechtigung zur Herstellung von Privatkopien ist ferner unter die Voraussetzung der Nutzung rechtmäßig hergestellter und in Verkehr gebrachter Kopiervorlagen – legale Quellen – zu stellen.
[Kommentar: Leider nichts neues. Erlaubt ist, was erlaubt ist; verboten, was verboten.]

SPD
Wie bereits in der Antwort auf Frage 1 – Urheberrechtspolitik erwähnt, wollen wir die Privatkopie für sog. privilegierte Zwecke erhalten. Sie soll weiterhin zulässig sein:
• für eine natürliche private Person zum privaten Gebrauch, wenn „sie weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dient“, nicht rechtswidrig hergestellt und nicht (zwar legal hergestellt, aber) rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht ist
• zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch
• für die Aufnahme in Archive, welche im „öffentlichen Interesse tätig“ sind.
Die SPD hält am Recht auf Privatkopie und am pauschalen Vergütungssystem fest, solange nicht wesentliche Fragen der Digital Rights Managementsysteme geklärt sind (insbes. Datenschutz und Übertragungssicherheit).
[Kommentar: Nach vorne brüllen, nach hinten kuschen. Klingt nach einer Mischung aus Linkspartei und FDP. Ja, nämlich, wenn das Internet und die Geräte erst mal sicher ist, dann, ja dann, kann man richtig als Urheber und Verwerter abzocken. DRM ist eigentlich prima, wenn es denn prima wäre. — Gut gebrüllt, Löwe]
Soviel zunächst. Mir brummt der Schädel.

 

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4 Kommentare

  1. Das ist wohl

    Das ist wohl missverständlich gewesen. Die Prüfsteine sind eine tolle Sache. Dass kulturpolitische Fragen an dieser Stelle nicht so tief ins „marode politische Gesamtbewusstsein“ gehoben werden ist wohl bedauerlich, das tut mir leid. Darum will ich es nicht versäumen auf weitere Wahlprüfsteine zu Kultur und Bildung hinzuweisen. Da wären zum Beispiel zum Thema Bildungspolitik und Hochschule Prüfsteine von Studenten: http://www.studis-online.de… und zu Fragen des Urheberrechts Fragen des Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ – einer ehrenamtlich geführten Organisation. Da stehen die Antworten noch aus (als pdf): http://www.urheberrechtsbue

    „Sauertöpfische Ankommentierungen“, also bitte, da nehme ich das Tamtam gerne zurück – auch angesichts von 40 Journalisten und Journalistinnen.

    Im Kiz findet sich ja eine Meldung zum Thema. Darin heißt es: „Der Vorsitzende des Deutschen Kulturrates, (…) Max Fuchs, sagte: ‘In der Kulturpolitik herrscht keineswegs eine solche Einigkeit, wie sie teilweise suggeriert wird. Die Unterschiede sind teilweise offensichtlich wie bei den ausweichenden Antworten der CDU/CSU zu den Strukturen der Kulturpolitik auf Bundesebene oder auch der Ablehnung einer gemeinsamen Bildungsplanung. Zum Teil ist es erforderlich, die Antworten sehr genau zu lesen, um die Unterschiede herauszukristallisieren. Fest steht, bei dieser Bundestagswahl geht es auch in der Kulturpolitik um eine grundsätzliche Entscheidung.’“ Link: http://www.nmz.de/kiz/modul

    Ja, man muss schon genau lesen, die Differenzen sind bisweil subtil und bisweilen weitgehend – und trotzdem subtil. Bagatellklauseln vs. Auskunftsanspruch.

    Aber im Grundsätzlichen, was Kultur und nicht allein Kulturpolitik betrifft, da wird kein noch so ausgeklügelter Fragenkatalog samt Antworten hinter die Kulissen schauen können. Was nämlich die Parteien unter Kultur verstehen, welchen Begriff sie davon haben, was also Kultur überhaupt ist – und das ist für mich wenigstens nicht allein mit Bildungsfragen, Urheberrechtsproblemen, mit ehrenamtlichen Engagement, Steuerpolitik, Künstersozialversicherung und Filmförderung … erkundet. Klar, man könnte versuchen, dies aus einzelnen Facetten zusammenzukloppen – aber auch das hülfe nur kaum weiter.

    Gesellschaftlicher Ackerbau! Der reicht von der Altenpflege bis zum Begriff von Arbeit in einer immer arbeitsloseren Gesellschaft; das reicht von Engagement im Ganzen fürs Detail bis zur Telekommunikation und Energieverwendung, vom Umgang unter- und miteinander, von Verrechtlichungstendenzen über Bürokratisierung, von (Selbst-)Domestizierung bis zu (Selbst-)Ausbeutung.

    Barbara Haack hat das eigentlich ganz gut auf den Punkt gebracht im Leitartikel der kommenden Ausgabe der nmz: „Wahlentscheidend werden die Positionen zur Kulturpolitik nicht sein. Dann doch eher die Schwitzflecken von Kanzlerkandidatinnen!“

    Im Übrigen, theodosius, stehen doch alle Mittel offen, Kulturpolitik besser ins „Gesamtbewußtsein“ zu heben – auch Ihnen. Aber nur nicht sauertöpfisch dabei werden 😉

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